Der deutsche Designer Peter Ghyczy wurde 1940 in der ungarischen Hauptstadt Budapest geboren. Im Zuge politischer Unruhen musste die Familie 1956 die Stadt verlassen und floh über Wien nach Bonn im Westen Deutschlands. Dort besuchte Ghyczy die Oberschule, studierte dann zuerst Bildhauerei in Düsseldorf und später Architektur mit der Fachrichtung Bautechnik an der RWTH Aachen. Für seine Abschlussarbeit im Jahr 1967 befasste er sich mit ungewöhnlicher Schularchitektur. Bereits während seines Studiums arbeitete er für den renommierten deutschen Architekten Rudolf Steinbach (1903-1966) wie auch an verschiedenen Projekten in Paris und Ägypten. Im Jahr 1969 wurde er deutscher Staatsbürger.
Nach seinem Abschluss stellte Ghyczy für Möbelbauer und -manufakturen wie Vitra zahlreiche Designs her. Sein mit Abstand größter beruflicher Erfolg aus dieser Zeit ist der Garden Egg Chair (1968) für Reuter. Als einer der ersten Klappsessel zählt die Arbeit auch heute noch zu seinen wohl bekanntesten. Unter Designern im deutschsprachigen Raum wird der Garden Egg Chair oft als das Senftenberger Ei bezeichnet —in Anlehnung an die ostdeutsche Stadt, wo der Sessel hergestellt wurde nachdem Reuter seine spezielle Technologie zur Polyurethanherstellung an das VEB Synthesewerk verkauft hatte. Es ist dieser neuen Produktionsstätte für Ghyczys Ei zu verdanken, dass der Sessel heute als eine 90er-Jahre Ikone des ostdeutschen Designs gilt. Die Firma Reuter, die bei der Möbelherstellung ausschließlich Plastik verwendete, produzierte in den Folgejahren außerdem Ghyczys Easy Chair (1971) und den GN2 Lounge Chair (1971).
Irgendwann in den frühen 1970er Jahren zog der Designer in die niederländische Stadt Swalmen um dort sein eigenes Studio zu eröffnen. Für seine erste Möbelkollektion entwickelte er ein neues Verfahren, das die fast übergangslose Verbindung von Glas und Metall ermöglichte. Daran angeschlossen entstand unter dem Namen Pioneer Series (1970er) eine Reihe von Couch-, Beistell und Esstischen. Das Produktionsverfahren für diese Tische ist seitdem zu Ghyczys Markenzeichen geworden und zeichnet sich besonders durch die filigrane Beschaffenheit der rahmenlosen Glasplatten aus, die —lediglich durch eine einzige Schraube fixiert— zu schweben scheinen. Auch das R03 Shelf (1970) beruht auf diesem Konzept, das sich Ghyczy noch in den frühen 1970er Jahren patentieren ließ.
Anlässlich des vierzigjährigen Bestehens seines Studios produzierte Ghyczy 2008 eine Neuauflage des Garden Egg Chairs. Im selben Jahr zeigte das Londoner V&A Museum den originalen Sessel in seiner Retrospektive Cold War Modern: Art and Design in a Divided World, 1945-75. Unter Sammlern gelten Ghyczys Designs aus den 1970ern heutzutage als heiß begehrt und erzielen auf dem Antikmarkt immer wieder Höchstpreise.
*Bilder mit freundlicher Genehmigung von Peter Ghyczy